Montag, 16. Juni 2008

Feststellung von Leistungen

Da haben wir eine Woche voller Plagen und Mühen hinter uns. Das war nur ein kleiner Vorgeschmack auf das Stückchen Hölle, durch das jeder Schüler irgendwann gehen muß, wenn die Zielgerade in Sicht ist.

Unsere Sprössin mußte gemeinsam mit allen anderen Schülern der Klasse 10 zur Leistungsfeststellung antreten. Das bedeutet, dass der gesamte Stoff von der Grundschule bis heute in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathe unter entsprechenden Bedingungen schriftlich abgeprüft wurde.

Von den Lehrern wurden sie mehr oder weniger ernsthaft darauf vorbereitet, und einigen saß die Angst so richtig tief in den Knochen. Wobei man aber erwähnen muß, dass diese Prüfung nirgendwo separat auf dem Zeugnis erscheinen wird. Einfluß haben diese Zensuren nur auf den Gesamtdurchschnitt des jeweiligen Faches, ähnlich gewichtet wie eine Klassenarbeit. Dafür können aber Schulabgänger, die das Abi aus welchen Gründen auch immer nicht machen wollen und/oder können, die Penne mit dem Realschulabschluß verlassen. Vielleicht dient sie auch dazu, den einen oder anderen nach reiflichen Überlegungen dazu zu veranlassen, die Klasse 12 nicht anzusteuern, sondern einen anderen Weg einzuschlagen.

Wie gesagt: ein "Durchfallen" gibt es in dieser Prüfung nur, wenn jemand ohnehin schon sehr wacklig ist und zur 5 in einem entsprechenden Fach tendiert. Trotzdem war die Aufregung schon recht groß.

Unser Küken hat auf gar keinen Fall so gelernt, dass wir es mitbekommen hätten. Sie war der Meinung, dass man für Deutsch eh nichts lernen kann, weil das Aufsatzthema vorgegeben wird. Da mußte mit der Deutschlehrerin noch diskutiert werden, welchen Sinn es haben könnte, Dichter- und Denker- sowie Stürmer- und Dränger-Biografien auswendig zu lernen, wenn "Erörterung" gefragt ist! "Was interessierts denn dann noch, wer wann gelebt hat?!"

Nun ja, wir diskutierten natürlich zu Hause auf einer anderen Ebene. Zum einen ist es immer wichtig zu wissen, in welche Zeit das fachlich komplexe zu erörternde Thema einzuordnen wäre. Um u. a. Vergleiche anstellen zu können, ist es wichtig, über entsprechende Informationen zu verfügen. Zum anderen stellt der Lehrer die Aufgaben, die gemacht werden sollen.

In Englisch war sie ebenfalls der Meinung: "Was ich bis heute nicht gelernt habe, hole ich auch nicht in einer Woche auf!" Sie hätte sich mit der Grammatik beschäftigt (d.h. bei ihr: mal fix drüber gelesen), für alles andere haben sie Wörtebücher. Auch hier gab es so einige Reibungspunkte, die wir gemeinsam besprachen. Allerdings sind wir ja nur die Eltern, die überhaupt mal so gar keine Ahnung haben, wie es in der Schule abgeht!

Ein ganz anderes Kapitel ist das allseits beliebte und immer wieder gern gefürchtete Fach Mathematik. Wenn ich ihr früher mal bei den Hausaufgaben über die Schulter geschaut habe, mußte ich bereits in Klasse 6 oder 7 feststellen, dass meine Leistungsgrenze schon fast erreicht war. Sarah geht seit der Klasse 10 in die Nachhilfe. (Dieses Thema wäre mal ein Extra-Post, das sich lohnen würde!!) Dort wird sie fachlich und auch sehr menschlisch, eigentlich familiär, von der ehemaligen Paukerin meines Nichtgatten betreut. Schon nach den ersten 3 Monaten sahen wir erste Erfolge.

Jedenfalls wurde sie durch diese netten, lebensfrohen und kompetenden Damen seelisch und moralisch schon seit mehreren Wochen auf die Leistungsfeststellung vorbereitet. Zum laufenden Stoff, wiederholten sie gemeinsam alles, was ein Primus in diesem Fach drauf haben müßte. Und genau dieses Fach war dann auch das, wovor unser Töchterchen so richtig Schiß hatte.

Mausi gehört zu den Schülern, die jeder, dem es es nicht gegeben ist, beneidet. Sie muß nicht stundenlang Stoff lernen und durch Übungen festigen. Was sie liest, behält sie in der Regel fast komplett und Hausaufgaben werden mal so schnell nebenbei mit angefertigt - aber nur, weil der xy und die qvz das abschreiben müssen. Es kommt auch vor, dass sie komplexe Vorträge, für die der Lehrer wohl weislich 2 Monate lang Ausarbeitungszeit bewilligt, in wenigen Stunden ausfeilt, und zwar so, dass kaum etwas Lesbares auf dem Zettel steht. "Da werd ich doch nie fertsch, wenn ich alles aufschreiben würde, püh!" = Standartantwort. Tanzt sie dann im Unterricht damit an (die Lehrer kontrollieren die Stichpunkte vorher), erntet sie meist erst Unverständnis. Wenn sie jedoch den Vortrag beendet hat, dann vorwiegend erfolgreich.

Ja, so schön und beneidenswert - aber in Mathe bringt ihr das keinen Nutzen. Im Gegenteil: dadruch, dass sie nicht lernen "braucht", hat sie auch keine Übung darin. Lernen will gelernt sein. Das war für unsere kleine Prinzessin echter Nervenkrieg. Darunter hat sie so richtig gelitten. Wie sehr allerdings, spürten wir erst als alles gelaufen war.

Es kamen in der Woche noch ein paar Extra-Ärgernisse und vollkommen überlüssige Streßfaktorten dazu. So z.B. gibt es Lehrer, die 12 Wochen und länger nicht da sind, aus welchen Gründen auch immer. Dieser Unterricht wird in den wenigsten Fällen fachgerecht vertreten (insbesondere Chemie, Mathe, Phyik waren die Häufigsten in diesem Schuljahr. Kunst, Musik usw. fallen da nicht in Gewicht.). Das Problem, dass der Stoff trotzdem in irgendeiner Form abgearbeitet werden muss, badet einzig und allein der Schüler aus.

So muß der Schüler anstelle der Physik z.B. Deutsch pauken, anschließend wird die Doppelstunde Mathe durch Geschichte ersetzt und Chemie fällt ganz aus. Das sind an einem Tag 4 "verlorene" Stunden. Das kann sich über eine Woche oder mehrere hinziehen. Ist der Fachlehrer dann wieder im Dienst, wird im Zeitraffer der Stoff abgespult, und der Schüler muß dann sehen, wo er bleibt. Die andere Möglichkeit: Eltern greifen tief in die Taschen, die Wenigsten können hier noch mithalten und ihren Sprösslingen durch eigenes Wissen helfen , um diese Versäumnisse der Schule mittels Nachhilfe aufzuarbeiten.

Doch dem nicht genug! Wenn Lehrer so lange ausfallen oder aus anderen Gründen keine Bewertungen vorgenommen werden, entstehen auch im Klassenbuch entsprechende Lücken. Um an die notwendigen Zensuren zu kommen, werden alle Jahre wieder die letzten (und klimaseitig die heißesten) Wochen dazu genutzt, kompelxe Arbeiten zu schreiben und dem Schüler beinahe stündlich schriftliche Leistungkontrollen abzuverlangen.

Darüber ärgern wir uns alle Jahre wieder. An einem Tag werden 2 Klassenarbeiten und drei Leistungskontrollen geschrieben. Zwischendrin gibt es noch mündliche Abfragen und Mitarbeitszensuren, über die die Schüler noch nicht einmal informiert werden. Es gibt Fächer, da hat der Schüler wegen solcher Methoden gar keinen Überblick mehr über den Stand seiner Noten. Wer dann auf der Kippe steht, hat das weit reichende Nachsehen.

Über solche Themen diskutieren wir desöfteren. Es steht auch ausser Frage, dass der Schüler auch Leistungen zu erbringen hat. Das Leben ist schließlich kein Vergnügungspark! Dem Lehrer sollte jedoch auch klar sein, dass er mit der Zeit eines gesamten Schuljahres über einen breiten Zeitraum verfügt, in dem er viele Zensuren verteilen kann. Das Schuljahr besteht nicht aus den letzten 6 Wochen!

Gerade auch jetzt, da die Schüler in den Prüfungen standen, die sicherlich in keinem Verhältnis zur Abi-Prüfung stehen, dennoch einen großen Streßfaktor darstellen, ohne jede Rücksicht ihre Noten zusammenkratzen auf Kosten der Schüler - dafür habe ich absolut kein Verständnis!

Ich plädiere dafür, dass sich diese Lehrer selbst noch einmal unter genau solchen Bedingungen zurück in die Schulbank hocken! Die sollen mal ordentlich lernen in Sachen Timemanagement und Qualitätskontrolle. Zwischendrin jagen wir sie auf den Sportplatz, lassen sie so 3 km-chen Ausdauerlauf absolvieren, um sie anschließend so verschwitzt und klebrig wieder in die Schule zurück zu schicken, damit sie sich noch 2 Leistungsabfragen stellen, die über ihr weiteres berufliches Fortkommen entscheiden.

Vielleicht ist das naiv gedacht, aber eine solche Aktion wäre für so manch einen Lehrer eine besser Altnative als diese ewigen fruchtlosen Diskussionen! Ja, ich bin sauer!

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