Mittwoch, 11. Juni 2008

Das arme Kind!

Ups, was kullerten die Tränchen dick übers enttäuschte Gesicht! Und nur damit auch der Letzte jetzt Bescheid weiß: "Papa ist doof!". Das zumindest waren grob umrissen die Fakten zum vorgestrigen Stand.

Der heutige Tag ist noch nicht vorbei, deshalb hat Papa noch ein wenig Zeit, sich das Prädikat "Super-Daddy" zurück zu erkämpfen. Kosten würde es ihn 5 glatte €urönchen plus Porto und ein wenig Geduld beim Suchen. So einfach? Nee, nicht ganz so simpel...

Unser Goldkindchen war mal wieder unterwegs im www. Daran ist nichts ungewöhnlich. Sie ist ein Kind der Informationsgesellschaft und informiert sich dem entsprechend. Interessen hat sie, ähnlich wie Mama, sehr viele, also sucht sie nach allem Möglichen und Unmöglichen. Gern wird auch mal für die Schule ein wenig Material zusammen gekratzt, Musik downloads bemüht und Schnäppchen geguckt.

Vorgestern dann abends hörte ich neben dem üblichen "umz-umz" ein zusätzliches "ah, mmhmm, oahr, hihi..", das meine Alarmglocken Sturm läuten lies. Neugierig, was es denn da nun wieder so gibt, klopfte ich an und betrat fadenscheinig nach einem Grund zu suchen (Meistens ist es der, dass die Musik zu laut ist, das ist sie immer.) Zu meinem gnadenlosen Erstaunen schmachtete sie mich an, sie sah richtig glücklich aus, nieste mich nicht einmal an, was ich denn nun schon wieder wolle, und sagte: "Och, guck ma, is das nicht süüüß?" Also mich meinte sie damit ganz gewiß nicht!

Ein wenig verdattert, damit hatte ich nicht gerechnet, und in Erwartung irgend eines Fotos von einem Tierbaby oder so etwas setzte ich mich in Richtung Heiligtum in Bewegung - aber ganz vorsichtig - sie könnte es sich ja noch anders überlegen...

Auf dem Monitor in strahlender Pracht von Glitzer, Glanz und Sonnenstaub tanzte ein Handtäschchen der Marke "Happy money" (Ja, der Name ist erfunden, ich kann mir diesen Schnulz nie merken!) gar lustig vor sich hin. Da war sie im Himmel, unsere Mausi...

"Ach Mami (sie nennt mich vorzugsweise so, wenn sie was will), ist die nicht toll? Sieh mal, was die alles hat! Und die kleinen Steinchen und das Blinkblink..." Sie bekam sich gar nicht wieder geregelt. Schwärmerisch erzählte sie mir wie teuer die ja eigentlich sei und nannte einen dreistelligen Betrag, was mich dazu veranlaßte, mich schnaubend wegzudrehen um zielsicher demonstrativ zur Tür zu gehen.

Doch damit hatte sie schon gerechnet und rief Freude strahlend: "Jetzt und hier kostet die nur 15€! Mami, dass is ä Superschnäppchen! Außerdem sind meine Handtaschen alle kaputt. Ich habe für die Klassenfahrt nur noch die kleine Weiße, und die fällt bald auseinander. Ich hab außerdem noch 10€, da braucht der Papa nur noch 5 drauflegen." Sprachs und schaute Mama Inkonsequentia mit großen knuthigen Kulleräuglein an, während sich ihr gesamter Körper dabei zu einem bettelndes Fragezeichen verformte.

Als erstes hielt ich es pädagogisch für äußerst wertvoll und angebracht nachzufragen, wie denn ein so unverschämt teures Ding jetzt so billig angeboten werden konnte. Ha, für so einen Fall gibt es tausend Erklärungen, Gründe und Umstände. An dieser Stelle lasse ich es mir ebenfalls prinzipiell nicht nehmen, eine Grundsatzdiskussion über Marken- und Luxusartikel zu führen. Irgenwann, so hoffe ich, werden meine sorgsam gewählten Argumente auch den fruchtbaren Boden in Herz und Hirn meines teenagenden Fräuleins berühren...

Das Finanzierungsangebot einschließlich der selbst auferlegten Eigenanteile fand ich doch recht fair. Genauer gesagt: damit hatte sie mich! Jetzt müssen wir nur noch den Papa von der Notwendigkeit der Anschaffung eines neuen Fiffis für`s Kind überzeugen. Das ist wahrlich kein angenehmer Job. Darum bettelt keiner. Unsere bereits vor Aufregung und Vorfreude hechelnde Sprössin meinte: "Du!"

"Ähm, wieso ich? Du willst doch was, was du dir nicht leisten kannst!" So leicht mach`ich ihr das ja nun nicht. Alle Diskussionsversuche ihrerseits wurden von Mama abgeschmettert.

Ich kenne doch mein Kind! Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann ist die Hölle nur ein kleines Hindernis. Sie würde Luzifer höchstselbst zu Tode quasseln. Auch wenn er mit einem Herzanfall vor ihr liegen und um Gnade winseln würde, jede Wette, so lange sie das Wort hätte, würde sie davon nix bemerken.

Dass sie meinem Blaumännchen die Erlaubnis aus der Nase ziehen würde, war mir schon längst klar. Unsere Tochter ist sich erfahrungsgemäß sehr bewußt darüber, dass Papa der wesentlich härtere Verhandlungspartner ist. Da muß sie sich ein wenig mehr einfallen lassen.

Keine Sorge, sie ist kreativ und hat es geschafft. Papa, der Geschäftsmann der Familie, hat dann jedoch noch feststellen müssen, dass er ja das Porto noch obendrauf legen müsse und demzufolge doch mehr zu berappen hätte als das liebe Töchterlein. Ich wäre da erst bei der Anlieferung draufgekommen. Nichts desto trotz konnte er überzeugt werden.

Die Uhr tickte, unser Töchterchen zeigte sich dankbar, indem sie ihre Hausarbeiten besonders sorgfältig und ohne die ewige Maulerei und nervige Motzerei erledigte- pünktlich eine halbe Stunde vor Schluß rief sie alle zusammen. Dieses Ereignis sollte feierlichst begangen werden. Sie füllte verschiedenes aus, klickte zwischendurch immer noch einmal auf das Objekt ihrer Begierde, um es liebevoll anzuschmachten, sie streichelte die kleine Schönheit (naja, wie mans nimmt) auf dem Monitor und wären wir nicht dabei gewesen, hätte sie sich mit ihr unterhalten.

In gieriger Erwartung, das Täschlein in greifbarer Nähe, brauchte sie jetzt nur noch Papas Zugangsdaten. Papa gab sie ihr mündlich, sie tippte und klickte - - - falsches Kennwort! Nochmal von vorn: anderes Passwort --- falsch! Unsere Sprössin wurde allmählich panisch!

Wir überlegten gemeinsam, probierten verschiedene Kombinationen --- falsch!

Um es abzukürzen: wir haben es nicht geschafft. Leider war auch die Zeit zu kurz, um noch jemanden anrufen zu können, der mal eben fix das heiss begehrte Kleinod für unser Töchterchen hätte erwerben könnte. Außerdem wären die dafür in Frage kommenden Bekannten und Verwandten bei dem schönen Wetter ohnehin unterwegs gewesen...

Jeder, der über ein kleines Quentchen Empathie verfügt, kann sich vorstellen, wie traurig unsere Mausi war... Sie tat mir so leid. Gibt es etwas Schlimmeres als das enttäuschte Gesicht seines Kindes? Wenn mann sich dann noch schuldig fühlt... ohoh, was haben wir gelitten!

Wir haben es an diesem verhängnisvollen Abend nicht mehr wirklich geschafft, sie zu trösten. Das schaffte dann der Anbieter, der das schnuckelige Handtäschchen nicht los geworden und deshalb gleich wieder in die nächste Runde gegangen war.

Unter Tränchen wischen und schniefen fragte sie: "Mensch Papa, wie kann man nur zwei Passwörter für alles Mögliche haben und die dann noch vergessen?!"

Papa hats ja furchtbar Leid getan, nur lies es sich nicht mehr ändern. Wir konnten tun und lassen, was wir wollten - sie war untröstlich. Mit wem sie alles telefoniert hatte danach, weiß ich nicht. Dafür wissen diejenigen jetzt aber, wie "doof mein Vater ist"!

Ja, so kann es gehen: eigentlich willst du deinem lieben Nächsten nur eine Freude machen und bist dann der riesen Ar+++.

Naja, der Schmerz hat vorerst nachgelassen. Sie hatte sich doch noch trösten lassen und sich ein wenig selbst getröstet - das Täschl ist noch im Angebot. Am Morgen danach war sie zwar immer noch der gleichen Meinung, was Papas Merk(un)fähigkeiten anbelangt, konnte aber wieder lächeln, ja sogar lachen.

Wir haben gemeinsam verabredet, dass Papa auf die Suche nach seinen Zugangsdaten für diesen Anbieter geht, die garantiert bei ihm auf Arbeit in der Gegend umher dümpeln. Ein Glück (d.h.: wenn er diese findet), dass trotz unentbehrlicher Technik ein paar Dinge noch in antiker Manier schriftlich erledigt werden müssen.

Hoffen wir mal, dass wir jetzt die Einzigen sind, die nach dieser Markentasche unter Schweiß und vielen Tränen zur Rettung und Wahrung des Familienfriedens geiern!

Heute Abend um 22.00 Uhr soll der Hammer fallen - mal sehen, wen er trifft...

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