Samstag, 21. Mai 2011

Besuch

Gerade hätte sich auf unserem Hof beinahe ein schwerer Unfall mit Todesfolge ereignet.

Mein Bäggor steht aufm Dach und deckts ein. Klar, da hat er keine Zeit auf Details zu achten - da fliegt schon mal das eine oder andere mehr oder weniger gewichtige Ding runter. Und nein: wir haben keine Sicherheitsnetze angebracht - die Männer waren der Meinung, das brauche man(n) nicht! frau siehts natürlich anders, kraucht aber auch nicht da oben rum (zumindest nicht zum arbeiten - schöne Fotos hab ich gemacht.)

Irgendein schweres Werkzeug rutschte meinem Liebling aus der Hand und schlug mit lautem Knall im Hofpflaster ein. Da ich gerade mal wieder am putzen war, hatte ich das gehört, aber da ich weder Laute noch eiliges Getrappel vernehmen konnte, hatte sich das auch gleichwieder erledigt für mich. Keine zwei Minuten später klingelte es Sturm. Sofort rannte ich hinunter, da hörte ich meinen Mann reden.. "Hats wohl doch jemanden getroffen? Bitte nicht!", schoss es mir durch den Kopf.

An der Haustüre angekommen, stand mein Blaumännchen alleine im Hof und schwallte einen Schwachsinn, wie z.Bsp.: "Da musst du schön aufpassen!", "Beinahe wäre es vorbei gewesen, da hätteste uns Weihnachten keine Freude mehr machen können..", "Nana, schön vorsichtig, pass auf.."! Ich schaute ihn an, dachte: So warm isses doch heute gar nicht..

"Um ein Haar wäre es passiert" sagte er und zeigt lachend auf den großen Trümmerhaufen (Regenrinne 12 m, kleingeschnitten, alte Abdeckungen, Holzlatten in versch. Größen mit und ohne Nägel - also alles, was an Blech, Eisen und Zinkteilen übrig bleibt bei so einer Dachsanierung) - ich guckte und sah was wackeliges Gelbes. Es war klein, bewegte sich und hatte - ich konnts nicht glauben - Watschelfüße!

Da hatte sich doch allen Ernstes ein Gänsejunges auf unseren Hof verirrt. Es watschelte zufrieden quackernd über unseren Hof, rauf auf die alte Dachrinne, drauf auf den Balken, rüber, über ein anderes Blechteil, da wieder runter und aufs Pflaster.. es wackelte mir entgegen und schnatterte in einer Tour.. Wir waren natürlich gerührt. Stolz berichtete mir mein Blaumännchen über das unbeabsichtigte Beinahe-Attentat und freute sich, dass das Küken das unbeschadet überlebt hat.

Das Kleine hatte auch überhaupt gar keine Angst: es kam auf uns zu, unterhielt sich mit uns, latschte wohlgemut in alles rein und drüber, und selbst als wir es "einsammeln" wollten, ehe es sich vielleicht verletzen konnte, war es noch immer schnatternd und voller Zuversicht. Leicht einfangen ließ es sich natürlich nicht.. wir kamen uns vor wie in so nem albernen Film, in dessen Ablauf irgendwer so nem blöden Huhn hinterher jagd.. ganz so schlimm war es nicht, aber eben nicht gerade wiederstandslos.

Mein Held machte sich als auch Kükenfänger ganz gut :) Als ich das gelbe Gänseküken dann ins Handtuch gewickelt hatte, war es ganz warm und schmiegte sein Schnäbelchen an meine Brust.. hach nö, so was süüüüüßes..

Nachdem wir überlegt hatten, woher es gekommen sein mag, stiefelte ich mit unserem Besucher los. Ich hatte es so ins Handtuch eingewickelt, dass es seine Flügelchen nicht verletzen konnte.. denn so richtig einverstanden schien es dann doch nicht mit dem plötzlichen Ende seines Ausfluges :) Wie ein Baby trug ich es die Straße zum Feld hinauf.. natürlich diskutierte es mit mir. Dann hielt ich es etwas höher und kuschelte meine Nase in sein nicht ganz so weiches Gefieder. Diese Schmuserei schien ihm zu gefallen, es schmuste mit..

Am Feld traf ich unsere Nachbarin - sie nahm mir das Junge ab, bot mir auch an, dass ich mitkommen könnte.. es gab zwei wirklich gute Gründe (die ich ihr so nicht nannte) das abzulehnen: zum einen ist der Hof dieser Gänsehalter nicht wirklich so einladend. Sie halten noch mehr Tiere - alles zum Zwecke des Verzehrs..das wollte/will ich nicht sehen.. zum anderen: ich trug quietschbunte kurze shorts (ein Mitbringsel aus Afrika) kombiniert mit nem noch übler bunten T-Shirt..das ganze nicht so reinlich, weil ich die Umstände dies momentan einfach so ergeben, dazu gummipantoffeln und dunkle tennissocken.. :(

Zum Abschied gab ich dem Kleinen noch ein Küßchen, bedankte mich bei der Nachbarin, die wie ich der Meinung war, dass wir dem Küken wohl nen Bärendienst erwiesen hätten..

Die Tiere werden jetzt fett gefüttert. Und um die Weihnachtszeit wird wieder der Rauch aus dem Schornstein steigen, auf dem Hof des Bauern wirds stiller, nachdem Rehe, Enten und Gänse gegen eine paar lumpige Scheine gerupft, gehäutet und ausgenommen den Besitzer wechseln.

Schade, dass unsere Tochter nicht da war. Vielleicht wäre ihr ja was eingefallen, wie wir das wenigstens für "unser" Küken hätten verhindern können.

.. eins auf die 12 .. Nachtrag

Das alte Dach ist gestern mit dem Container vom Hof gegangen. Wieder etwas Altes, dass die neue Zeit nicht überlebt hat. Es hat seinen Dienst getan und ruht nun friedlich auf´m Sondermüll-Altenteil. Vielleicht wird es recycled und kann so wieder am aktiven Leben teilhaben und sich außerordentlich nützlich machen. Falls nicht - danken wir ihm noch einmal für seine unermüdlichen Dienste und gönnen ihm seinen Frieden ...

Die ersten Bahnen des neuen Daches sind unter den fleißigen Händen meines etwas lädierten Bäggors und denen der emsigen Helfer drauf und blitzen schon im Sonnenlicht, haben den ersten Regenguss genossen und sehen doch recht dekorativ aus. Eine nagelneue blink-blink Regenrinne hat ebenfalls ihre ersten Tropfen vom Halb-&-Halb-Dach aufgefangen.

Ja, und mein Blaumännchen steht unermüdlich da oben und schuftet! Bei den heißen Temperaturen der letzten Woche hat er sich gar fies verbrannt. Seine verunfallte Nase ist oberflächlich gut geheilt. Die Platzwunde ist fast gar nicht mehr zu sehen, nur rings um die Einschlagstelle herum ist noch eine kleine Schwellung zu sehen. Er hat keine Schmerzen, die Nase ist nicht kürzer, länger oder krummer als vorher und Gerüche differenziert wahrnehmen konnte er damit ohnehin schon nicht besonders gut - auch da hat sich nix verändert.

Mir wäre es zwar lieber gewesen, wenn er sein Näschen mal nem Arzt vorgestellt hätte - aber da streikt er!

Übrigens: hätte er nicht in dem Moment, als der Rahmen hoch gezogen wurde geniest, dann hätte er diesen voll zwischen die Zähne bekommen (situationsbedingt) - ich mag nicht darüber nachdenken. Er ist froh, dass es "nur den kolben" erwischt hat ...

Liebe Leser, macht euch also bitte keine Sorgen. Drückt bitte die Daumen, dass alles glatt geht, weitere Unfälle vermieden werden und die Arbeiten so bald wie möglich erfolgreich abgeschlossen werden können.

(Dann hab ich auch wieder mehr Zeit und Ruhe zum posten :))

Dienstag, 10. Mai 2011

.. eins auf die 12 ..

Mein Bäggor im Blaumann hat so richtig eine auf den Wirsing bekommen :)
hihi, voll auf die 12.. und das noch von einem Typen, der nicht nur aussieht wie ein Bär..

Und das kam so:

Mein Blaumännchen lässt es sich nur in den seltensten Fällen nehmen, die Arbeiten am Haus aus den Händen zu geben.. So auch mit der Rückseite unseres Daches.. Egal, was Frauchen meint: "Das grisch mor selbor hin!"

Mit der tatkräftigen Unterstützung des Freundes und meines fleißigen Papas, allerlei Vitamin B und viel Enthusiasmus wurde zum Selbstkostenpreis das Gerüst gebracht.. und heute ging es dann los.. der Aufbau.

Ich stand gerade in der Küche und schmierte die Brötchen für die Männer, da knallte die Wohnungstür, mein Männchen rannte an mir vorbei ins Bad. Sofort wusste ich, dass etwas geschehen war, was nicht zum Tagesablauf gehörte. Und schon rief es aus dem Bad: "Ham mor noch Pflaster da?"

"Wie groß soll es denn sein, Liebchen?", rief ich zurück und durchwühlte schon den Schrank.. Da stand der kleine große Pechvogel schon neben mir - das Blut rann von der Mitte des Nasenbeins zur Nasenspitze.. "Ach, wie haste das denn hinbekommen?!", fragte ich grinsend..

Da haben sich die männlichen testosteronüberfüllten Kraftpakete an den Aufbau des Gerüstes gemacht. Alles ging auch gut vorwärts, man arbeitete Hand in Hand, gut gelaunt und hoch motiviert.

Auf dem Gerüst zog der Kumpel einen Rahmen für das Gerüst nach oben - dumm nur, dass mein Hausherr gerade in dem Moment niesen musste! Der Freund zieht von oben und das Näschen strebt nach unten - beides zur selben Zeit am selben Ort.. wo rohe Kräfte sinnlos walten.. :)

Jetzt hat er ein schönes großes Pflaster quer über die Nase.. hab für meinen Helden auch gleich noch nen nassen Lappen und ein Kühlakku in den Gefrierschrank gelegt.. Zwar ist der Rüssel nicht blau, aber doch schon mächtig geschwollen.. der arme..

Mitleidsbekundungen dürfen gern im Kommentar abgegeben werden - keine Sorge: die werde ich ihm auch umgehend unter die Nase reiben!

:D

Die Amsel singt

Vielleicht hatte ich es schon erwähnt? Vor drei Jahren sind wir in unser fein´Häuschen eingezogen. Vom Tag des Einzugs bis heute haben wir unsere Gastmietz als vollwertiges Familienmitglied akzeptiert.

Unsere Glücksmietz ist mit allen für Katzen verfügbaren Farben gescheckt. Wenn sie kommt, ist das auch nicht zu überhören. Lautstark meldet sie sich an und verlangt ebenso geräuschvoll nach Futter und Streicheleinheiten. Ihre Stimme klingt ein wenig wehleidig, deshalb nennen wir sie "Gnatschie" - "gnatschen" bedeutet in unseren Breitengraden soviel wie "lamentieren", "jammern"

Mit der Zeit reichte ihr das Futter scheinbar doch nicht aus, und nun sucht die Süße ganz offensichtlich Familienanschluss. Klar, das Tier ist nicht doof, die sorgt fürs Alter vor.. und so kam es, dass sie plötzlich eines winterlichen Tages auf unserem Balkon stand. Der Balkon befindet sich schon so in guten 3 Metern Höhe.. Das liebe Tier hat damit offensichtlich kein Problem: sie hangelt sich mal eben am wilden Wein nach oben. Der Rückweg ist übrigens derselbe..

Wir haben versucht, sowohl diese Tatsache als auch sie zu ignorieren. Im Hinblick auf den Sommer dachten wir, wenn sie keinen Erfolg hätte, würde sie es sein lassen. Ach, weit gefehlt. Nix da, sie kommt jetzt fast täglich auf unseren Balkon, aalt sich ein wenig in der Sonne, wenn es ihr zu warm ist, dann eben im Schatten meiner Blumentöpfe, schnappt sich das Gnadenwürstchen vom Grill und guckt glücklich und zufrieden in die Welt. Sie ist ne richtig süße Räuberin, die überall im Dorf zu Hause zu sein scheint. Wenn sie nicht bei uns ist, dann sieht man sie bei den Nachbarn oder auf der Straße..

Da sie wie schon gesagt vom ersten Tag an irgendwie hierher gehört, ist das für uns auch selbstverständlich geworden. Ebenso selbstverständlich füttern wir auch die Vögel im Winter.

Vor ein paar Wochen hatte ich die letzten Sonnenblumenkerne und die Reste eines zerrupften Meisenknödels am noch nackten Weinholz hängen. Die Vögel haben sich sehr gefreut. Sie knabberten munter drauf los - ging ja den gesamten Winter hindurch gut und scheinbar lecker.

Auch unsere Gnatschi war immer mit von der Partie, sah den Vögeln zu, stänkerte mal ein wenig, aber nicht wirklich ernsthaft - bis zu diesem verhängnisvollen Tag.

Wie es kam, konnte ich nicht sehen, sonst hätte ich versucht, es zu verhindern.. ich kam gerade an die Tür, als Gnatschi mit dem Vogelhaus kämpfte. Diese voluminöse Katze hing wenig grazil mit ihrem runden Bäuchlein im Futterhäuschen, die Hinterpfoten zappelten hilflos und wütend in der Luft.. sie versuchte, ohne die Vorderpfoten zu benutzen, sich aus dem Dilemma zu befreien..

Ich wollte schon zur Tür raus und ihr helfen, da plötzlich krachte sie mit samt dem Häuschen auf die Bretter.. Es scherbelte und knallte, das Dach des Häuschens lag auch der anderen Seite des Balkons.. Erschrocken dachte ich, dass unserer Glückmietz was passiert sein könnte und hatte den Riegel schon in der Hand..

Da sah ich wie Gnatschie ihren Kopf drehte und -ich schrie vor Entsetzen auf- ein Amselweibchen zappelte in ihrem Maul! Der Vogel war noch nicht tot, sah angsterfüllt um sich, während Gnatschie es mit ihren kräftigen Pfoten malträtierte.. Was sollte ich tun? Die Amsel war mehr tot als lebendig..

Die anderen Spatzen, Amseln und Meisen zeterten vom Baum vor unserem Balkon auf die Katze ein .. der Lärm, den alleine die Vögel machten ..!

Ich klopfte gegen die Scheibe der Balkontür.. Gnatschie sah blitzartig und aufgeregt direkt in meine Richtung.. mit einem Ruck drehte sie sich um, sprang auf den Zaun und glitt mit ihrer Beute im Maul am Wein nach unten.. Ich habe ihr nicht hinterher gesehen und wollte auch gar nicht vor die Haustür gehen - ich hatte befürchtet, sie würde uns den armen Vogel vor die Tür legen..

Gestern machte ich es mir am Abend auf unserem Balkon gemütlich. Das Buch war interessant, der Tee lecker, .. doch irgendwas lenkte mich ab.

Schon seit zwei oder drei Wochen singt eine Amsel bis in die Dämmerung ohne Unterlaß. Es ist ein Männchen.. Er fliegt um unser Haus herum, sitzt auf Überlandmasten oder -kabeln, auf Bäumen und auf der Dachspitze und singt und singt und singt ...

Auch jetzt, während ich schreibe, singt er.

Vielleicht war es sein Weibchen? Sucht er sie auf diese Weise? Versucht er so ein neues Weibchen für sich zu finden?

Diese Gedanken stimmen mich doch ein wenig traurig..

Warum habe ich ein schlechtes Gewissen?