Donnerstag, 31. März 2011

tierisch alt

Ein täglicher und sehr präsenter Teil unseres Lebens hat bisher im blog sträflich wenig Beachtung gefunden. Er gehört zu uns wie unsere Tochter, wie unser Häuschen, er begleitet uns nun schon 15 Jahre lang auf Schritt und Tritt, bringt Gemütlichkeit, viel Freude, Spaß und kuschlige Stunden. Er sorgt für einigen Wirbel, wenn ihm mal etwas nicht in den Kram passt. Auch gab und gibt er uns das eine oder andere Rätsel auf.. die meisten, so denken wir zumindest, konnten wir lösen.

Unser Tag beginnt mit ihm und endet eigentlich nie wirklich, doch auch das mit ihm und wegen ihm. Morgens will er noch vor dem Aufstehen gefüttert werden. Abends will er es kuschlig warm haben bei Mama unterm Deckchen. Tagsüber ist er ständig auf der Suche nach Futter und Spielzeug, d.h. wenn er nicht gerade schläft.

Komme ich nach Hause, ist er der Erste, der mich begrüßt. Dann muss ich alles, was ich gerade noch in den Händen halte, fallen lassen, mich zu ihm hinunter knien und ihm erst einmal die Öhrchen graulen und den Bauch mietzeln. Dafür schleckt er mir die Hände ab und reibt sein Köpfchen an meinem Gesicht...

Wir bekamen Mephisto im Alter von knapp 6 Wochen - es war der 5. Geburtstag unserer Tochter. Für sie wurde es höchste Zeit, ihre Fürsorge auf ein Tier zu konzentrieren. Täglich brachte sie uns neue bedauernswerte Kreaturen mit nach Hause, die sie gesund pflegen oder in Ruhe sterben lassen und feierlich beerdigen wollte. Fliegen, jede Menge Käfer und Gewürm in allen Farben und Größen schleppte sie in Streichholzschachteln und Kartons herbei, liebevoll mit Zellstoff, Gras oder Mamis Seidentüchern ausgepolsterte Krankenlager...

Mich rührte das schon sehr an. Ein wenig erinnerten mich all diese Geschöpfe und die Sorge meines Töchterchens um sie ein wenig an meine Kindheit. Ich konnte sie nur allzu gut verstehen. Deshalb auch die Entscheidung für unser Kätzchen.

Eine kleine Rauferei mit einem Schäferhundwelpen konnte er zwar für sich entscheiden, büßte dabei jedoch ein Öhrchen ein. Ihn stubenrein zu bekommen, war Schwerstarbeit - es hat viele Jahre gedauert, und eigentlich ist dieser Prozess nie wirklich abgeschlossen worden. Vorzugsweise benutzte er Kisten und Kartons - da konnte er nicht anders! Fühlte er sich ignoriert, waren die Lieblingssachen des jeweiligen "Bösen" durchnässt und stanken bestialisch.

Er lernte, selbst Türen zu öffnen, entwickelte so seine kleinen Eigenarten und hatte uns schon am Tag seiner Ankunft um seine schwarzen Pfötchen gewickelt. Fremden gegenüber war er schon immer sehr misstrauisch, Besuch mochte er nicht.

Der Umzug in unser Häuschen war für ihn im 12. Lebensjahr schon großer Einschnitt. Es hat bestimmt ein halbes Jahr gedauert bis er sich eingelebt hatte. Sein Lieblingsplatz: der Balkon. Dort war er morgens mit mir der Erste und abends der Letzte.

Im letzten viertel Jahr hat unser Samtpfötchen viel von seiner Agilität abgelegt. Wir haben Grund zur Vermutung, dass er schlechter sehen kann, er schnurrt nicht mehr und ist ständig am Mautzen. Ebenso eigenartig ist seine neue Vorliebe, uns abzuschlecken - an den Händen, im Gesicht, am Hals ..

Der Tierarzt staunte über seine guten Blutwerte, auch die Zähne sind vollkommen ok. Über Mephistos Sehvermögen haben wir auch gesprochen. Klar, es gibt heute wahnsinnig viele Möglichkeiten. Man kann blinden oder schlecht sehenden Tieren heute Linsen einsetzen, es gibt verschiedene Operationsmethoden, Brillen und was weiß ich nicht alles... Angenommen, wir würden erfahren, dass er ne Netzhautablösung hätte - was würden wir tun?

Schon alleine, Mephisto in seinen Korb zu locken, ist für uns Schwerstarbeit. Sitzt er erstmal da drin, ist er voll im Stress. Der Stress beginnt schon, wenn er den Korb nur sieht! Dann würden wir zu diesem Spezialisten fahren müssen, ca. 30 km. Keine Ahnung, ob er das überhaupt aushalten würde. Dann sitzt man im Wartezimmer - noch mehr Stress für ihn. Dann die Untersuchung - Mephisto ist eine sehr böööööööse Kampfkatze, wenn er im Stress ist.

Gesetzt dem ungünstigsten Falle: Untersuchungsergebnis - zur Erhaltung der Sehkraft wäre OP erforderlich ... Was dann? Der ganze Stress bis zum Termin, Behandlung, Nachbehandlung, ..

Unser Katerchen ist 15 Jahre alt! Sollte man ihm das wirklich noch antun? Er kann es ja nicht verstehen. Er spürt nur die ständige Unruhe, wird Situationen ausgesetzt, die ihn seelisch total überfordern und geht uns dann vielleicht daran zugrunde? Letzte Woche haben wir ihm Zahnstein entfernen lassen, natürlich unter Vollnarkose (3 Leute waren notwendig, um ihm diese verabreichen zu können! Eine Woche vorher haben 3 Leute nicht ausgereicht, da musste der Versuch der Blutabnahme abgebrochen werden!).

Zu Hause haben wir gedacht, er wird es nicht überleben: er hat ewig geschlafen, im Schlaf hat er sich mehrmals übergeben, selbst mit der Wärmflasche war er total ausgekühlt und zitterte.. das Aufwachen hat noch einen weiteren Tag gedauert. Zwar ist er abends n bissl getappst, hatte hunger und durst, schlief aber mittendrin ein, er lief ein kleines Stückchen, kippte zur Seite um und schlief tief und fest. Am nächsten Tag war er nicht wirklich munter, hat aber gefressen. Er hatte noch immer Schlagseite und brach beim Laufen ein.

Nein! Ich werde ihm das nicht antun. Wir werden uns mal ein wenig im www. umtun - mal schauen, was die Katzenbesitzer so über ihre Erfahrungen berichten. Vielleicht gibt es ja Möglichkeiten oder Hinweise für den Umgang mit blinden Katzen.

Er wird eben wie wir auch alt. Das zu akzeptieren fällt jedem schwer.
Es auszuhalten auch.

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